Ende
Gelände
2017

Kohle Stoppen. Klima Schützen.

  • 24. – 29. August 2017Rheinisches Braunkohlerevier
  • 3. – 5. November 2017während des UN-Klimagipfels in Bonn

2. - 4. Februar 2018: Ende Gelände Perspektiven-Treffen

Rechtliches

Ihr nehmt an „Ende-Gelände“ teil. Welche rechtlichen Folgen können euch erwarten?

Vorab

Jedes System versucht äußeren Änderungen entgegen zu wirken, dass kriegen wir als Druck zu spüren, auf vielen Ebenen: angefangen beim Druck, der unter Umständen durch Angehörige auf euch ausgeübt wird, bis hin zu polizeilichen und juristischen Maßnahmen gegen euch. Egal bei welcher Aktion, es ist sinnvoll sich vorher mit möglicher Repression, sei es staatliche oder zivilrechtliche, zu beschäftigenund die rechtliche Situation zu kennen.
Wir begreifen Repression als politisches Druckmittel, dem wir uns gemeinsam entgegenstellen müssen. Wir wollen euch dazu die nötige Unterstützung und unser Wissen weitergeben, sind aber gleichzeitig auf eure Aufmerksamkeit und Mitarbeit angewiesen. Wir können nicht auf jede Frage eine wasserdichte Antwortversprechen, denn Repression ist nicht immer berechenbar und hängt von Taktiken und Strategien der Repressionsbehörden(z.B. Polizei,Staatsanwaltschaft) ab. Klar bleibt aber, Repression willisolieren und einschüchtern. Deswegen ist uns wichtig zu betonen:

Wir sind solidarisch! Niemand bleibt allein!

Repression ist und soll unberechenbar sein, trotzdem gibt es einige Erfahrungswerte und Einschätzungen, die aber keine Garantien darstellen. So oder so gilt: Gemeinsam bauen wir Strukturen auf, die solidarisch die Folgen von Repression tragen – niemand bleibt allein! Auf dem Camp wird es eine ständige Ansprechmöglichkeit für rechtliche Fragen sowie Workshops zum Thema geben. Trotzdem ist es wichtig, dass ihr vorher die Rechtshilfe-Broschüre (Auflage 3, 2017) *), gelesen habt, denn ein gutes und vor allem mit euren Bezugsgruppen abgesprochenes Verhalten ist wichtig um gut aus der Aktion zu kommen.

Ihr könnt euch auch überlegen die Rote Hilfe, AntiRRR, ABC, CAT oder anderw Gruppen, die Menschen bei Repressionen helfen, durch Spenden oder aktive Mitarbeit zu unterstützen. Antirepressionsarbeit ist fast so wichtig wie die Aktion selbst. Andere Menschen im Umgang mit ihrer Repression zu unterstützen ist sehr wichtig und auch erfüllend – und vielleicht ja auch etwas für dich ?

Wenn du nach der Aktion mit rechtlichen Folgen konfrontiert wirst, dann wende dich an den Ermittlungsausschuss (legal_team_fuer_alle@posteo.de) – gemeinsam finden wir einen Umgang mit der Repression und nutzen sie, um uns zu stärken anstatt dass wir uns von ihr schwächen lassen!

Wenn du Post von Polizei oder Staatsanwälten bekommst wende dich möglichst schnell an die Antirepressionsstrukturen.Wir können die Vorwürfe politisch nutzen und dabei die Absurdität von Kriminalisierung von Klimaaktivist*innen öffentlich machen und uns dagegen wehren – wenn du es auch willst!

Anruf beim EA (“Ermittlungsausschuss”) / Legal Team
Der EA / Das Legal Team ist während des gesamten Camps und der Aktion (Tag und Nacht) telefonisch unter 030 340 603 13 erreichbar. Solltet ihr Festnahmen, Gewalt oder sonstige Übergriffe durch Polizei beobachten, meldet diese dem EA! Wenn ihr selbst festgenommen werdet, benachrichtigt den EA von der Polizeiwache aus! Du hast das Recht auf zwei Telefonanrufe, bitte nutze einen davon, um uns zu benachrichtigen. Wenn die Polizei dich nicht selbst telefonieren lässt,
bestehe darauf, dass sie uns in deiner Anwesenheit über deine Festnahme benachrichtigen.

Aktionskonsens

Der im Vorfeld erarbeitete Aktionskonsens für „Ende Gelände“ 2017 sieht eine „offen angekündigte Massenblockade mit vielfältigen Beteiligungsmöglichkeiten“ vor. Leßt vor euren Aktionen in der Rechtshilfe Bröchüre nach, was für Vorwürfe gegen euch erhoben werden könnten. Üblich vorwürfe sind Land und Hausfriedensbruch. In den Bisher geführten Prozessen gab es zwar keine Verurteilungen, allerdings kann das 2017 anders aussehen. Bitte lasst euch nicht auf Gerangel mit der Polizei ein. Auch wenn diese aggressiv auftreten ist es besser nicht zurück zu „schubsen“. Wir haben in unserem Aktionskonsenz beschlossen keine Gewalt gegen Menschen auszuüben!

Auch wenn wegen eines Solchen Straftatbestandes angezeigt werdet, heißt das noch lange nicht, dass ihr auch verurteilt werdet. Oft können Verfahren eingestellt werden, z.B. weil man vorher noch nicht aufgefallen ist, oder die Vorwürfe stellen sich Schlichtweg als falsch heraus. Solltet ihr doch verurteilt werden halten wir für Verhalten innerhalb des Aktionskonsenses Haftstrafen für unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass es zu Geldstrafen kommt.

Wenn ihr aber im öffentlichen Dienst, mit Kinder, als Ärzt*in oder Rechtsanwält*in arbeitet oder in Zukunft arbeiten wollt solltet ihr euch auf jeden Fall den Abschnitt 5.3 der Broschüre lesen und ggf. nochmal nachfragen.

RWE hat die Möglichkeit zivilrechtlich gegen dich vorzugehen. Eine häufig gewählte Form ist die Unterlassungserklärung. Das kann unter Umständen teuer werden, wendet euch deshalb rechtzeitig an das Legelteam für alle. Weiter Informationen dazu findet ihr in der Brochüre.

Wir sind viele, wir stehen zusammen und wir können politisch, medial und juristisch gut kämpfen.

Was der Werkschutz (nicht) darf

Es könnte sein, dass ihr im Rahmen der Aktion mit dem Werkschutz des Unternehmesn zu tun habt.
Der Werkschutz darf von euch nicht verlangen, dass ihr eure Personalien angebt.
Angehörige des Werkschutzes haben allerdings das so genannte „Jedermann“-Festnahmerecht. Das bedeutet, wenn sie euch „auf frischer Tat“ bei einer Straftat ertappen, dürfen sie euch festhalten, bis die Polizei kommt, wenn eure Identität nicht festgestellt werden kann oder Fluchtgefahr besteht. Dafür dürfen sie nötigenfalls auch Gewalt anwenden.

“Ende Gelände“-Position zum Thema Personalienverweigerung

„Ende Gelände“ hält die kollektive Nicht-Angabe von Personalien im Kontext der geplanten Massen!aktionen für eine sinnvolle Strategie und hat damit gute Erfahrungen gemacht. Alle Aktivist*innen müssen selbst eigenverantwortlich klären, ob die Personalienverweigerung in ihrer konkreten Situation Sinn macht. Dieser grobe Überblick über die Position von „Ende-Gelände“ kann dies nicht leisten. Einzelne Aktivist*innen, die besonderen Risiken ausgesetzt sind, können sich individuell auch beim „Legal Team für alle“ informieren. Wenn du dich im Vorfeld zur Personalienverweigerung entschieden hast, solltest du bei Aktionen den Ausweis nicht dabei haben und auch sonst nichts, was auf deine Identität hindeutet. Du kannst dich jederzeit umentscheiden und deinen Namen auch später mündlich angeben.

Es wird auf dem Camp Möglichkeiten geben, sich über diese Fragen auszutauschen – gerne kannst du beim „Legal Team für alle“ vorbeischauen. Bitte besprich die Frage, wie du dich verhalten willst, auch in deiner Bezugsgruppe (Rechtshilfebroschüre, Kapitel 3).

Da dich die Polizei durchsuchen kann, musst du deine Ausweisdokumente und alle Gegenstände, mit denen du zu identifizieren bist (Versichertenkarte, Ticket/BahnCard, EC-Karte, Portemonnaie, Handy, andere zufällige Gegenstände mit Namen/Adressen) an einem sicheren Ort lagern, einem Menschen anvertrauen oder zu Hause lassen. Kontrolliere alles nochmal bevor du in die Aktion gehst! Es wird keine organisierte Aufbewahrung von persönlichen Gegenständen auf dem Camp geben.

Vorteile:

  • 2015 und 2016 wurde durch erfolgreiche kollektive Verweigerung der Personalien ein politischer Freiraum gewonnen, den es zu verteidigen gilt: Wir setzen staatlicher Repression gemeinsam ein entschiedenes Signal entgegen und führen damit unseren zivilen Ungehorsam fort.
  • Die Kapazitäten bei der Polizei zur Durchführung von erkennungsdienstlichen (ED-)Behandlungen sind begrenzt, genau wie die Aufnahmekapazitäten von Gefangenensammelstellen. Wenn Hunderte von uns die Personalien verweigern, wird es schwer sein, alle in Gewahrsam zu nehmen und erkennungsdienstlich zu behandeln. Der Gewahrsam ist zeitlich begrenzt (vgl. Rechtshilfebroschüre Kapitel 4.3.1).
  • Wenn viele Menschen ihre Personalien verweigern und auch bei der ED-Behandlung nicht kooperieren, kann dies eine schützende Wirkung für Einzelne haben. Umso schwieriger wird es für den Staat, die Teilnehmenden zu erfassen und strafrechtlich zu verfolgen.
  • Wer anonym bleibt, kann natürlich auch zivilrechtlich nicht von den Konzernen angegriffen werden – und es kommt zu weniger Unterlassungserklärungen bzw. einstweiligen Verfügungen.

Falls die Polizei mit Untersuchungshaft droht:

  • Wenn du deinen Namen nicht sagst, könnte dir die Polizei mit Untersuchungshaft (U-Haft) drohen, um dich einzuschüchtern. Die U-Haft kann nur von einem Gericht angeordnet werden, was bei einem Tatvorwurf wie Hausfriedensbruch unwahrscheinlich ist. Zudem sind die Kapazitäten dafür begrenzt und es können nicht systematisch Teilnehmende einer Massenaktion in U-Haft gesteckt werden. U-Haft dient allein der Durchführung des Verfahrens und ist keine Strafe. Wirst du nur wegen der unbekannten Identität festgehalten, endet die U-Haft, sobald du deinen Namen sagst.
  • Eine Handlungsmöglichkeit ist deshalb, die gerichtliche Entscheidung und den mündlichen Haftprüfungstermin abzuwarten. Falls das Gericht am Ende wirklich U-Haft anordnen sollte, kannst du deinen Namen auch noch nach der Entscheidung gegenüber dem Gericht oder jederzeit in der Haftanstalt angeben. Deine Freilassung kann je nach Tageszeit einige Stunden bzw. bis zum nächsten Morgen dauern.
  • Aber: Die U-Haft darf so lange dauern, wie irgendein Haftgrund (Flucht- oder Verdunkelungsgefahr) besteht. Dies kann bei Personen ohne festen Wohnsitz oder bei Wohnsitzen im Ausland im Einzelfall zur Verlängerung der Haft führen, trotz Angabe der Personalien. Wenn du unsicher bist, melde dich beim „Legal Team für alle“.

Nachteile/Risiken:

  • Zum klassischen zivilen Ungehorsam gehört auch das Bekenntnis zum eigenen Vorgehen. Manche fühlen sich unwohl damit, sich bei ihrer legitimen Aktion zu „verstecken“.
  • Zum Zwecke der Identitätsfeststellung kann die Polizei Menschen für bis zu 12 Stunden in Gewahrsam nehmen – in der Zeit stehen die Betroffenen weiter unter psychischem Druck, die Aktion ist noch nicht vorbei. Die Polizei kann auch versuchen, die Feststellung eurer Identität physisch zu erzwingen (z.B. in dem sie dich für Fotos oder Fingerabdrücke festhält).
  • Für die Personalienverweigerung (eine Ordnungswidrigkeit) droht bei Enttarnung ggf. ein Bußgeld (üblicherweise 70 Euro, max. 1.000 Euro). Aber auch dafür haben wir Anti-Repressionsstrukturen – kein Mensch wird allein gelassen.

Einige Hinweise zu Risikogruppen“:

  • Bei Personen, die keine Staatsangehörigkeit eines EU-Staates besitzen, ist die Personalienverweigerung eine Straftat (§ 95 Aufenthaltsgesetz). Wegen einer Straftat verurteilt zu werden, kann negative Konsequenzen für die Erteilung künftiger Visa in Deutschland haben und wird bei einer Entscheidung über eine mögliche Ausweisung berücksichtigt (siehe Rechtshilfebroschüre Kapitel 5).
  • Wer zur Einreise ein Visum benötigt, muss bei der Beantragung des Visums Fingerabdrücke abgeben und könnte so auch trotz Personalienverweigerung im Kontext einer Aktion leicht identifiziert werden (falls ED-Behandlung erfolgt).
  • Falls du schon mal bei einer früheren Aktion ED-behandelt (Foto, Fingerabdrücke) und identifiziert wurdest (durch die ED-Behandlung oder weil du freiwillig deine Personalien abgegeben hast), besteht ein hohes Risiko erneut identifiziert zu werden.
  • Wenn du eine Unterlassungserklärung unterschrieben hast, kann die darin vorgesehene Vertragsstrafe (mehrere 1000 Euro) bei einem Verstoß gegen die Erklärung fällig werden. Es ist günstiger nicht auf dem Betriebsgelände von RWE identifiziert zu werden. Wenn du Fragen hast und mit dem „Legal Team für alle“ darüber sprechen möchtest, bring bitte eine Kopie deiner Unterlassungserklärung mit.

Achtung: Wenn Du einmal bei einer Aktion im Kontext Braunkohle bzw. in der gleichen Region die Personalien verweigert hast, liegt es nahe dies auch weiter zu tun, da ansonsten auch zusätzlich nachträgliche Repression für vergangene Aktionen drohen kann.

In der Rechtshilfebroschüre werden rechtliche Aspekte ausführlicher beschrieben. Wir empfehlen dir, dich in deiner Bezugsgruppe vor der Aktion mit dieser Broschüre ausführlich zu beschäftigen. Dieser Überblick kann eine konkrete rechtliche Beurteilung im Einzelfall nicht ersetzen.

Wenn ihr keinen deutschen Pass besitzt bzw. keinen Wohnsitz in Deutschland habt

xHier gibt es für verschiedene Personengruppen ganz verschiedene Vorschriften, Risiken und Handlungsmöglichkeiten. Bitte lest dazu den Abschnitt 6 in der Rechtshilfe-Broschüre.

Noch Fragen?

Ihr könnt euch jederzeit an legal_team_fuer_alle@posteo.de wenden – bitte habt Verständnis, wenn wir etwas Zeit brauchen für eine kompetente Antwort. Das Legal Team wird auch vor Ort vertreten sein. Ihr könnt entweder zu unserem Zelt kommen und mit uns sprechen oder eine unserer Infoveranstaltungen besuchen.

Bei allgemeinen rechtlichen Fragen bezüglich (Klima-)Aktivismus könnt ihr euch auch an die Rote Hilfe (eine bundesweite Rechtshilfe-Organisation) oder AntiRRR (AntiRepressionsteam Rheinisches Revier) wenden.


*) Zur 3. Auflagge der diesjährigen Rechtshilfe Broschüre:
In der 3. Auflage wurden vor allem an 2 Stellen wichtige Ergänzungen eingefügt. Es ist also super, wenn ihr auch nochmal explizit in euren Infoveranstaltungen und Trainings auf dieÄnderungen aufmerksam macht.

Diese finden beziehen sich auf die Vorladung durch Polizei (S.27) und auf die Wahrscheinlichkeit von Vertragsstrafen bei Blockaden auf öffentlicher Fläche (S. 34). Für Betroffene von UEs bleibt es einfach das Beste, sich vor einer Aktion intensiv mit dem Legal Team zu beraten bzw. auch an den WS zum Thema auf dem Camp teilzunehmen. Bitte tragt das weiter.

Außerdem wurde ein Punkt ergänzt: Sitzblockaden auf öffentlichen Straßen (2.2.5).